Schneewittchen als Souveränitäts-Göttin
Die überraschenden Zusammenhänge der neuen Disney-Adaption mit der keltischen Mythologie und Lehren der Anderswelt!
Dies ist kein Beitrag über die fragwürdige Entscheidung KI-Zwerge oder ein Schneewittchen ohne schneeweiße Hautfarbe zu verwenden. Es geht um die Macht der Geschichte, die andersweltlichen Ursprünge und die avalonischen/arthurischen Verbindungen, die uns die neue Adaption von Disneys Schneewittchen bietet.
And Und ja, es gibt Spoiler, aber die solltest wissen, bevor du den Film wegen des Trailers ablehnst, wie es Sharon Blackie getan hat:
Ich würde gerne ihre Meinung hören, nachdem sie den Film geschaut hat. Denn im Trailer gab es keinerlei Hinweise darauf, dass der Film von seiner ursprünglichen, faden Erzählung abweicht.
Ich weiß, es ist immer noch ein Disney-Film und bleibt oberflächlich, aber lasst uns nicht vergessen, dass es ein Kinderfilm ist und im Vergleich zu anderen Adaptionen bewusst für ein noch jüngeres Publikum gemacht zu sein scheint. Hab also Geduld mit mir, denn ich habe einige ziemlich tolle und überraschende Wendungen in der Geschichte gefunden, die diesen Film zur besten Schneewittchen-Adaption aller Zeiten machen.

Ich war seit Jahren nicht mehr im Kino, und da Baby Nummer 2 unterwegs ist, werde ich auch eine Weile nicht mehr hingehen. Aber nach unserem Umzug in die Highlands finden wir uns in einer Kleinstadt mit einem süßen Gemeinschaftskino wieder, das gerade „Schneewittchen“ angekündigt hat. Und wie ihr wisst, bin ich ein großer Märchenfan, und obwohl ich wie so viele meiner Generation von den Disney-Verzerrungen und Geschlechterrollen geprägt bin, schwelge ich gerne in Nostalgie und schaue mir an, was die neuen Adaptionen mit sich bringen. Besonders mit meinem jetzigen Wissen, welches Illusionen und Konditionierungen durchschaut. Ich hab mich innerlich auf eine Enttäuschung gefasst gemacht und war gleichzeitig voller Hoffnung auf wenigstens ein bisschen Unterhaltung.
Mein Partner, der meine Sucht nach Effizienz kennt, war angenehm überrascht, als ich ankündigte, meine Nachmittags-Arbeitsschicht gegen einen Kinobesuch einzutauschen. Aber nicht ohne ein freches Grinsen fragte er, ob ich meine Geschichtsbücher oder zumindest ein aktuelles Strickprojekt eingepackt hätte.
Er kennt mich gut: Ich habe mir Notizen gemacht.
Und sie eignen sich wunderbar für einen Beitrag über Märchenmagie, archetypische Studien und sogar eine Verbindung von Schneewittchen zu den Herrschaftsgöttinnen der keltischen Mythologie und der Artussage!
Zu meinem eigenen Erstaunen war ich vom Film überhaupt nicht enttäuscht, im Gegenteil. Ich dachte, er durchbricht frühere Verzerrungen und bringt einige Themen ein, die einen echten Sinneswandel einleiten könnten, anstatt die Dominanz-Kultur weiter zu vertiefen oder die Frauen-sind-so-stark-wie-Männer-Narrative (auch bekannt als Cool-Girl-Syndrom oder die Notwendigkeit, dem Patriarchat mit einem anderen Dogma entgegenzutreten) zu nähren.
Meine einzige kritische Anmerkung möchte ich gleich zu Beginn äußern. Schauen wir uns erstmal die ursprüngliche Fassung des Grimmschen Märchenanfangs an:
Es war einmal mitten im Winter, und die Schneeflocken fielen wie Federn vom Himmel herab, da saß eine Königin an einem Fenster, das einen Rahmen von schwarzem Ebenholz hatte, und nähte. Es geschah, dass sie sie sich mit der Nadel in den Finger stach, und es fielen drei Tropfen Blut in den Schnee. Und weil das Rote im weißen Schnee so schön aussah, dachte sie bei sich: „Hätte ich ein Kind so weiß wie Schnee [die Haut], so rot wie Blut [die Lippen] und so schwarz wie das Holz an dem Rahmen [die Haare].“ Bald darauf bekam sie ein Töchterlein. Und da es so aussah, wie es die Königin gewünscht hatte, wurde es das Schneewittchen genannt.
Der Film jedoch nannte sie Schneewittchen, weil sie in einem Schneesturm geboren wurde.
Ich verstehe, dass man versucht hat, inklusiver gegenüber unterrepräsentierten Gruppen zu sein, und daher eine lateinamerikanische Schauspielerin besetzt hat, deren Haut nicht schneeweiß ist, und dass man deshalb auch den Ursprung ihres Namens geändert hat. Aber ich denke, das hätte man kreativer lösen können – zum Beispiel, indem man ihr eine Hautbesonderheit gibt, wie einen pigmentlosen Fleck, der weiterhin zur ursprünglichen Geschichte gepasst hätte und gleichzeitig die Moral der neuen Adaption unterstrichen hätte: dass wahre Schönheit keine Perfektion braucht.
Wie bereits erwähnt, richtet sich meine Kritik nicht primär gegen die Wahl der Schauspielerin, sondern vielmehr gegen das Ausradieren der andersweltlichen Farben Weiß, Rot und Schwarz.
In so vielen Volksmärchen und Mythen – besonders aus Mitteleuropa, Großbritannien, Irland und Schottland – begegnen wir genau diesen drei Farben. Sie dienen oft als Zeichen für Magie, für Feenwesen oder eine Art göttliche Natur. Wie zum Beispiel das Rot und Weiß von Gwynn ap Nudd’s Jagdhunden oder die weiße Kuh mit roten Ohren, die die Göttin Brigid begleitet. Diese drei Farben, ergänzt um Gelb, stehen außerdem für die Grundphasen der Alchemie. Und in einem moderneren Kontext symbolisieren Weiß, Rot und Schwarz häufig die drei Lebensphasen der Frau: Jungfrau, Mutter und weise Alte.
In der avalonischen Tradition, in der ich gelernt habe, steht Schwarz für den Körper und korrespondiert mit dem Reich des Landes. Rot steht für das Blut und ist dem Reich des Meeres zugeordnet. Weiß repräsentiert den Atem bzw. die Luft und gehört zum Reich des Himmels. Manche Gelehrte betrachten diese Farben auch als Spiegel unseres menschlichen Körpers und des Lebenszyklus: Rot als Farbe des Blutes, Weiß als die der Knochen und des reinen Lichts, und Schwarz als Fäulnis, Verfall und die Dunkelheit des Todes.
Diese Farben sind keine bloßen Hinweise auf Schneewittchens äußere Schönheit – sie erinnern an Kultur, an Mysterien und an eine naturverbundene Spiritualität, die uns mit unseren vorpatriarchalen Ahninnen verbindet.
Nicht, dass ich erwarten würde, dass Hollywood-Regisseure das wissen oder respektieren. Aber ich wollte es trotzdem gesagt haben.
Und nun zu den positiven Punkten und den wirklich spannenden Aspekten...
Schneewittchen als Souveränitäts-Göttin
Das erste Lied, das gesungen wir, als Schneewittchen ein junges Mädchen ist und ihre Eltern ihr die Werte ihres Königreichs beibringen, zeigt sie inmitten ihres Volkes mit Szenen voller Überfluss und Freude (natürlich tanzen sie ausgelassen im richtigen Disney-Musical-Stil):
Look upon this land
On the home we've come to know
Where magic and light fill the air
Where we plant a tender seed
Trusting something good will grow
[…]
A kingdom for the free and the fair
We lead with open hearts
And we live with open doors
With love to protect and provide
And we always keep in mind
That what's mine is always yours
May goodness be our one true guide
[…]
Where the good things grow
Diese Szene ist so wunderschön in ihrer Botschaft – so idealistisch sie in unserem heutigen politischen und gesellschaftlichen Klima auch erscheinen mag.
Das Königreich gehört denen, die sich um das Land kümmern.
Mich hat das an das Paradies erinnert, das die Erde einst war, als der Feenakkord noch geehrt wurde und Gegenseitigkeit die Grundlage wahrer Souveränität war. Ein starkes Opening, wie ich finde, denn von Anfang an wird klar: Dieses Paradies wird bald zerstört – und ruft danach, zurückerobert zu werden...
Schneewittchen wird von ihrem Vater als „der Same“ beschrieben, „der einst führen und das Gute zum Wachsen bringen wird: jemand Furchtloses, jemand Gerechtes, jemand Tapferes, jemand Wahrhaftiges. Wünsch dir etwas und du wirst sie sehen.“
Das deutet auf ihre Reise des Werdens hin – sie ist der Same, der lernen wird, ihr Volk zu führen, doch noch sieht sie sich selbst nicht in dieser Rolle. Die Qualitäten, die sie im Verlauf ihres Abenteuers entwickeln wird, sind Mut, Herzenskraft, Integrität und Unterscheidungsvermögen. Sie zeigt, dass Furchtlosigkeit nicht das Fehlen von Angst bedeutet, sondern die Fähigkeit, den eigenen Weg trotz der Angst weiterzugehen.
Doch bevor sie sich ihren Ängsten stellen kann, muss Schneewittchen die Lügen durchschauen, die die böse Königin um sie gesponnen hat, um sie klein, versteckt und voller Zweifel zu halten. Wie Aschenputtel wird sie zum Dienen gezwungen, wie Inanna wird sie aller Statussymbole beraubt, und wie Dorothy muss sie die Wahrheit hinter den Illusionen erkennen – und begreifen, dass die Macht, die sie immer bei anderen vermutet hat, in Wahrheit schon immer in ihr selbst lag.
Die Reise durch den Wilden Wald
Wie in jedem guten Märchen muss Schneewittchen den dunklen Wald betreten – als Zeichen ihres Übergangs von einer Welt in die nächste und vom Außen ins Innen. Es ist ein Übergangsritus, dem sie sich stellen muss, um nicht nur ihre Stärke zu erkennen, sondern sie auch ganz für sich zu beanspruchen.
Ich mochte besonders, wie der Film den Wechsel vom dunklen, wilden, furchteinflößenden Wald zum lichtdurchfluteten, magischen Wald dargestellt hat: nicht wie im Original einfach durch einen Szenenwechsel von Nacht zu Tag, sondern indem Schneewittchen in ein Loch im Boden stürzt, in einem unterirdischem Gewässer landet und auf der anderen Seite wieder auftaucht.
Das Eintauchen ins Wasser steht symbolisch nicht nur für den Übergang von der realen Welt in die Anderswelt, sondern auch vom Bewussten ins Unbewusste.
Wie du weißt, lehre ich über Avalon – und eines darf dabei nie fehlen: die Reise über das Wasser zur heiligen Insel. Und die Magie der Anderswelt setzt sich fort, als ein Reh Schneewittchen zu dem sicheren Zufluchtsort der Zwerge führt.
Mich hat das sofort an das Symbol des Weißen Hirsches erinnert, der in den Artuslegenden die großen Abenteuer einleitet.
Wie das Einhorn wurde auch der Weiße Hirsch im Christentum als Symbol für Christus gedeutet – und es hieß, er könne nur von Jungfrauen berührt werden. Schneewittchen ist selbst eine Jungfrau und trägt damit jene Unschuld, das Vertrauen und das Staunen in sich, das das Waldwesen anspricht.
Natürlich ist das Bild der unschuldigen Jungfrau selbst eine verzerrte Darstellung, denn das Christentum machte überdeutlich, dass mit „Unschuld“ eine sündenfreie, im Grunde un-menschliche Frau gemeint war – losgelöst von körperlichen Bedürfnissen und durchgehend „rein“.
In Wahrheit, so glaube ich, steht die Verbindung zum symbolischen Weißen Hirsch oder auch zum Einhorn viel eher für die tiefe Beziehung zwischen Frau und Land – und das unabhängig von sexueller Erfahrung. Ich würde sogar sagen, diese Wesen spiegeln die schöpferische, fruchtbare Kraft der Frau wider – und die Notwendigkeit, sie zu ehren und zu schützen.
So wie es die Artusritter tun müssen, wenn sie durch die Erscheinung des Weißen Hirsches auf ihre Abenteuersuche geschickt werden. Oft werden sie für ihre Taten von Königin Guinevere beurteilt oder erhalten durch die Frauen, denen sie begegnen und für die sie kämpfen, Land oder Herrschaft. Solche Abenteuer, die mit dem Hirsch beginnen, sind also nicht nur von Magie und Anderswelt durchdrungen, sondern auch tief verbunden mit Themen wie Liebe und Beziehung.
Und genau das spiegelt sich auch in der neuen Schneewittchen-Adaption wider.
Obwohl sie ihren Gefährten bereits vorher getroffen hat – er war es, der ihr Feuer für Wahrheit und Gerechtigkeit entfacht und sie ermutigt hat, das Schloss zu verlassen – ist es erst ihre Reise in den Wald, die ihnen eine Begegnung auf Augenhöhe ermöglicht, frei von der Kontrolle der bösen Königin.
Hier begegnen sie sich authentisch, überwinden Misstrauen und Meinungsverschiedenheiten und zeigen, dass sie sich einander und ihrer gemeinsamen Vision für das Königreich verpflichtet fühlen.
Währenddessen im Schloss…
… erfährt die böse Königin vom Spiegel, dass Schneewittchen noch lebt – und ihr immer noch an Schönheit überlegen ist.
„Ich bin nur an das gebunden, was wahr ist: Die Schönste lebt, und sie ist nicht du.“
Was für ein brillanter Satz für den magischen Spiegel. Für mich reicht diese Szene weit über die paar Sekunden auf dem Bildschirm hinaus.
Der Spiegel spiegelt die Wahrheit – keine Illusionen, keine Wunschvorstellungen. In seiner urteilsfreien Reflexion zeigt er sowohl Schatten als auch Licht.
Ich betone: ohne Urteil.
Er steht damit sinnbildlich für unsere Intuition, für die innere Wahrheit, zu der wir alle Zugang haben, wenn wir bereit sind, still zu werden und hinzuhören. Unser mentaler Filter urteilt schnell, unsere Identitätsbindung bewertet manche Antworten höher oder niedriger.
Für einen Moment – oder habe ich mir das eingebildet? – lag ein Hauch von Menschlichkeit in den Augen der bösen Königin. Ein Schmerz über die Erkenntnis, dass sie durchaus hätte schön sein können, hätte sie sich nur wieder mit dem Guten in ihrem Herzen zugewendet und sich von ihren Emotionen reinigen lassen.
Doch kaum war dieser Funken Wahrheit aufgeblitzt, wurde er schon wieder überdeckt – von Vermeidung und Gier. Es war, als wäre ihr Schicksal in diesem Moment besiegelt. Der Moment, in dem sie einen anderen Weg hätte wählen können. Doch weil sie an ihrer selbst geschaffenen Identität aus Macht und Furcht festhielt, konnte sie sich weder ihrer eigenen Angst stellen noch dem, was sie unter der Fassade aus Härte und materiellem Glanz vergraben hatte.
Es ist, als wäre ihr Apfel-Zauber der letzte, verzweifelte Griff nach etwas gewesen, das längst vorbei war – und für mich erklärt das auch, warum sie am Ende so leicht besiegt wurde. Keine Magie konnte sie da mehr retten.
Aber dazu gleich mehr.
Zurück im Wald…
Als Schneewittchen erkennt, dass ihr Schwarm doch nicht so aufrichtig ist, wie er sich zunächst gegeben hat und weder im Dienst ihres Vaters steht noch eine Rebellion gegen die Königin führt, sondern in Wahrheit nur auf sich selbst und seine kleine Banditenbande schaut, erinnert sie ihn an etwas, das er in all den Jahren der Unterdrückung fast vergessen hatte:
„Es gibt mehr als genug für uns alle – es braucht nur Vertrauen ineinander!“
Ein kraftvoller Satz, der – wenn man ihn auf das echte Leben anwendet – zwar leichter gesagt als getan ist, aber umso wichtiger, dass wir ihn immer wieder betonen statt ignorieren.
Genau das ist die Beziehungsebene, über die ich in meinen Texten zur Souveränität immer wieder spreche. Die Gegenseitigkeit, von der der Feenakkord erzählt, an die die Jungfrauen der Quelle appellieren und die die Verkörperung des Landes, die Souveränitätsgöttin der Mythen, voraussetzt.
Es ist buchstäblich das, worüber ich gerade für den kommenden Mai-Archetyp von Avalon, die Liebende, geschrieben habe. Das ist ein exklusiver Beitrag für zahlende Mitglieder, aber ich teile hier ein Zitat daraus mit dir, das meine Gedanken gut zusammenfasst:
Die meisten [Beziehungs-]Konflikte zeigen sich durch Trigger, aber die Trigger sind nicht die eigentliche Wurzel. Die liegt oft in alten Traumata, früheren Erfahrungen und einer grundlegenden Angst vor Ablehnung, Verlassenwerden oder Nicht-geliebt-Sein. Wenn wir das erkennen, können wir Mitgefühl an den Tag legen und Vertrauen ineinander üben. Das bedeutet nicht, toxisches Verhalten zu ignorieren oder sich selbst (oder andere) zu gaslighten. Es bedeutet einfach, aus dem täglichen Drama-Dreieck auszusteigen, durchzuatmen und sich zu fragen, wie man gemeinsam zu einer gemeinsamen Vision beitragen kann.
Das ist oft alles andere als leicht – vor allem, wenn man selbst gerade tief in seiner eigenen Gerechtigkeit, im Stress, in Enttäuschung oder Schmerz steckt. Genau deshalb brauchen wir eine Motivation und eine Erinnerung daran, warum es sich lohnt, sich aus der Abwärtsspirale herauszuarbeiten.
Und da kommt die gemeinsame Vision ins Spiel: Wenn beide dieselbe Motivation teilen – nämlich, die Beziehung lebendig zu halten, im Leben zu gedeihen und ihr wahres Selbst zu verwirklichen –, dann profitieren beide Seiten davon. Es entsteht ein gemeinsamer Antrieb für Selbstregulation, persönliche Entwicklung und den Mut, die eigenen Themen anzuschauen statt den anderen für die eigenen Gefühle verantwortlich zu machen.
Das ist eine mögliche Form, wie Vertrauen ineinander kultiviert werden kann.
Nachdem neue Freundschaften geknüpft und Schneewittchen Unterstützung von ihren tierischen Waldfreunden erhalten hatte – ein klassisches Märchenmotiv: Die Helfer erscheinen meist erst, nachdem der furchteinflößende Schritt ins Unbekannte gewagt wurde – und der Fluch der bösen Königin durch den berühmten Kuss der wahren Liebe gebrochen war (wahre Liebe wurde hier nicht mehr durch einen Prinzen dargestellt, der nichts über Charakter oder Meinung der Prinzessin weiß, sondern durch einen eher unscheinbaren Mann, der durch Schneewittchens Einfluss über seine eigenen Werte reflektierte und schließlich entsprechend handelte), fasste die menschlich-andersweltliche Gemeinschaft genug Mut, um sich der bösen Königin zu stellen und die Herrschaft zurückzuerobern.
Das kluge Ende verzichtete bewusst auf hektische Actionszenen oder dramatische Gewalt. Stattdessen wurde das Tempo ganz bewusst heruntergespult.
Wer also auf eine spektakuläre Szene mit Donner und Blitz gehofft hatte, wird enttäuscht – doch alle, die, wie ich, nie viel davon hielten, Feuer mit Feuer zu bekämpfen, finden hoffentlich ebenso viel Sinn und Tiefe in diesem Ende wie ich selbst.
Denn Schneewittchen besiegt die Königin nicht mit Magie, physischen Waffen oder cleverer Täuschung – sondern durch zwischenmenschliche Fähigkeiten: Sie spricht jeden einzelnen im königlichen Hof direkt an, erinnert sie an ihre wahre Natur, an Freude und Mitgefühl.
Die Menschen beginnen daraufhin, sich aus dem Bann der Angst und Manipulation zu befreien, den die böse Königin über sie gelegt hatte. Und es wird auf wunderschöne Weise gezeigt, dass kein Zauber – so mächtig er auch erscheinen mag – unserer eigenen inneren Souveränität standhalten kann, sobald wir uns ihrer besinnen!
Das ist im Grunde eine Grundlektion in echter Magie und Hexenkunst.
Das Beste daran ist jedoch, dass dies auch umgekehrt funktioniert. Wenn dich niemand wirklich verfluchen kann, bist du es selbst, der sich den Bann auferlegt:
Wütend über die Abkehr des Volkes stürmt die böse Königin ins Schloss, um dem Spiegel ihre verzweifelte Frage zu stellen. Welcher, in seiner ruhigen, neutralen Stimme verkündet:
„Berühmt ist deine Schönheit, doch sie geht nicht weiter als die Haut. Für Schneewittchen kommt Schönheit von tief innen. Und so, meine Königin, siehst du es nun, sie wird immer schöner sein als du.“
In Wut zerstört die Königin den Spiegel und mit ihm zerbricht auch sie selbst in winzige Stücke.
Ihr Ende ist ihr eigenes Tun, was erneut zeigt, dass wir es wirklich selbst sind, die unsere eigenen Feinde oder Verbündeten sind, je nach unseren Entscheidungen. Dieser Akt ist die Konsequenz der wiederholten Entscheidungen gegen das Gute in sich.
Ich wollte mit all dem eigentlich den Bogen zurückspannen zu unseren eigenen Schattenanteilen – jenen inneren Stimmen, die im Kern nichts anderes wollen als geliebt, gesehen und anerkannt zu werden. Doch weil wir sie immer wieder ablehnen oder ausgrenzen, werden sie lauter, wütender, destruktiver. Und weil wir uns mit ihnen identifizieren, blockieren wir uns selbst daran, das zu erfahren, was wir uns im tiefsten Inneren wünschen.
Aber dieser Beitrag ist ohnehin schon länger geworden als ursprünglich geplant – und genau solche Reflexionen hebe ich mir für die archetypischen Erkundungsposts und meine zahlenden Mitglieder auf.
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Von der Gefangenen Maid zur souveränen Königin
Schneewittchen muss wirklich ihre Prüfungen durchlaufen, um nicht nur sich selbst, ihre Abstammung und ihre Werte zu erinnern, sondern auch ihre Stärke, ihre Freunde und ihren Mut zu finden, um in ihre Bestimmung zu treten.
Sie ist diejenige, die ihren Mann wählt, und nur sie kann ihn als rechtmäßigen Herrscher über das Reich ihres Vaters ernennen (was genau die Geschichte von Creiddylad, der brythonischen Göttin der Souveränität, ist, über die ich im kommenden Mai-Archetypen-Post schreibe).
Ich finde es sehr treffend, dass der Film ihr königliches Erbe und Vermächtnis hervorhebt, während sie einen gewöhnlichen Banditen als ihren Liebhaber wählt. Ein weiterer Hinweis darauf, dass wahre Werte im Inneren gefunden werden, statt in äußerem Reichtum.
Dies gilt besonders für den Partner einer Souveränitätsgöttin: Denn sie ist der Samen, der furchtlose, faire, tapfere und wahre Samen, der das Land zum Wachsen bringt. Sie ist die Verkörperung des Landes und überträgt das Souveränitätsrecht nur an einen Mann, der sich ihrer Liebe und ihres Respekts würdig erweist. Ein Mann, der schwört, die heilige (und weltliche!) Gegenseitigkeit zu schützen und aufrechtzuerhalten.
Wie passend, dass Schneewittchen diesen Frühling im Kino lief, gerade als der Weißdorn erblüht und das Feenportal zur Beltane-Saison öffnet. Die Saison der Blumenbraut, die zur Mai-Königin wird, die Liebe, Fruchtbarkeit und Souveränität repräsentiert.
Die Blumenbraut ist Unschuld und Offenheit, nicht von Strategie geleitet, sondern von der Wahrheit des Herzens. Sie wird nicht durch Eroberung zur Mai-Königin, sondern durch die Ausrichtung auf ihr Wesen, ihre Liebe und ihre Bereitschaft, mit Unterscheidungskraft zu wählen: sich selbst und ihren Liebhaber.
In ihrer souveränen Art, den Champion auszuwählen, der an ihrer Seite herrscht, wird sie zur Mai-Königin und im Großen Ritus, auch bekannt als Heilige Vereinigung, vollziehen die beiden das Verschmelzen von Mann und Frau und segnen das Land mit ihrer Fruchtbarkeit, was die Natur repräsentiert, die blüht und sich der Sonne und der bevorstehenden Sommerfülle öffnet.
In der keltischen Mythologie und Artusromanen finden wir sie immer wieder:
Blodeuwedd, aus Blüten erschaffen, für einen Mann bestimmt, die sich jedoch in einen anderen verliebt und ihr wahres Selbst gewinnt.
Creiddylad, die Maid des Maifeiertags, deren Entscheidung bestimmt, ob Sommer oder Winter herrscht.
Enid, die Hingebunsvolle, die das Herz ihres Geliebten erobert und mit ihm durch die vielen Prüfungen schreitet, die er bestehen muss um seine Liebe von Lust zu Verantwortung zu beweisen.
Guinevere, die Mai-Königin, die sich mit Arthur vereint, um ein neues Zeitalter für Land und Volk einzuleiten.
Diese Frauen sind mehr als nur Mythen – sie sind Repräsentationen der Souveränitätsgöttin. Durch ihre Körper und Entscheidungen verkörpern sie die Gesetze der Natur und die weibliche schöpferische Kraft. Sie werden nicht gewählt; sie wählen selbst.
Sie unterstützen die Geschichte nicht einfach; sie gestalten sie.
Ihre Reise spiegelt deine eigene wider. Diese Archetypen leben in dir.
Egal, ob du am Anfang deines Weges stehst oder schon weit in deiner Entfaltung fortgeschritten bist, du trägst die Samen jeder dieser Figuren in deinem Inneren. Alter, Lebensphase oder äußeres Erscheinungsbild spielen keine Rolle, wenn wir uns mit dem Mythos beschäftigen. Archetypen sind zeitlos. Sie existieren in uns allen.
Frag dich also:
Welche Teile von dir selbst widerstrebst du oder lehnst du ab?
Wo wartest du noch auf die Erlaubnis, zu führen, zu lieben, zu erschaffen?
Und wo lebt deine Königin bereits und wartet darauf, anerkannt zu werden?
Wenn wir anfangen, unser Leben durch die Linse des Mythos zu sehen, holen wir Aspekte von uns selbst zurück, die wir vielleicht lange vergessen haben. Dabei beginnen wir, mit größerer Klarheit, tieferer Liebe und einem wahrnehmbaren Gefühl von Magie, die in den Alltag eingewebt ist, zu leben.
Wenn dies zu dir spricht, lade ich dich ein, mit mir auf ein transformierendes Abenteuer zu gehen:
Die Archetypen von Avalon
Ein ganzjähriger Weg durch das archetypische Rad der mythopoetischen Alchemie und persönlichen Transformation, inspiriert von der Weisheit Avalons, dem Ahnenmythos und den Jahreszeiten der Erde.
In unserer nächsten Phase erkunden wir den Archetypen der Mai-Königin und der Liebenden und wie sie uns lehren, uns unerschrocken in das Leben zu verlieben und von Beziehungsproblemen zu einer gemeinsamen Vision zu gelangen!
Durch Geschichten, verkörperte Rituale, individuelle Untersuchung und mythische Einsicht verbinden wir uns mit der Kraft, die bereits in uns ist — nicht als eine Idee, sondern als eine gelebte, verankerte Präsenz. Diese strahlt aus und nährt unser Leben, unsere Beziehungen und unsere Arbeit in der Welt!
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